George Benson veröffentlicht (s)ein „Weekend In London“

Wir sind es gewöhnt, wenn Musikerikonen und Grammy Gewinner wie George Benson auf die Bühne gehen, dass diese ihrem hohen Status entsprechen. Während einer sechs Jahrzehnte dauernden Karriere, die von Auszeichnungen, Anerkennung und Billboard-Spitzenleistungen geprägt ist, hat sich der in Pittsburgh, Hill District, geborene Veteran seinen Platz sowohl in den Geschichtsbüchern als auch in den größten Veranstaltungsorten der Welt verdient. Es ist also ein seltener Genuss – und ein ganz anderer Nervenkitzel -, diesen Megastar im prestigeträchtigen Londoner Ronnie Scott’s Jazz Club mit gerade mal 250 Zuschauern live zu erleben.

Nur eine Handvoll glücklicher Fans waren anwesend, als die Lichter in dieser magischen Nacht im Jahr 2019 ausgingen. Mit Kevin Shirleys dynamischer Produktion von Weekend In London, bekommt jetzt jeder die Einladung sich auf das rote Samtbankett des Ronnie Scott‘s zu begeben, einen Scotch on the Rocks zu bestellen und mit den Klängen Bensons honigsüßem Gesang und seinen flüssigen Gitarrenlicks das wohl beste Live-Outfit des modernen Jazz zu lauschen.

“Wir haben einen großen Teil der Atmosphäre auf Weekend In London einfangen können”, sagt er. “Es war sehr voll, wie immer im Ronnie Scott’s, ganz gleich, wer gerade spielt. Das Publikum berührte uns fast, so nah waren sie an der Bühne. Viele große Benson-Fans waren da. Es war eine fantastische Nacht.”

Mit Weekend In London schließt sich für Benson der Kreis. Der erfahrene Künstler schätzt, dass es etwa ein halbes Jahrhundert her sein muss, als er zum ersten Mal im sagenumwobenen Club in Soho spielte. In den frühen 70er Jahren kam er als heißester US-Jazz Import nach London. „In dieser Woche kamen unter anderem der große John Williams, der damals die Nummer Eins unter den Klassikmusikern der Welt war. John McLaughlin war der aufstrebende Meister an der Jazzgitarre, und er kam fast jeden Abend, um mich spielen zu hören“, erinnert sich Benson. „Ronnie Scott stellte uns jeden Abend vor und sagte dem Publikum, das sie zum Reden nach draußen gehen könnten, aber hier drinnen im Club mögen sie still sein.“
„Ich liebe den Club immer noch“, fährt Benson fort, „für das, was er repräsentiert, und seine Langlebigkeit, das Publikum und die Atmosphäre. Es ist ein unglaublicher Ort für Konzerte. Ich war schon für Big Bands dort. Ich habe dort Buddy Rich gesehen. Ich habe über die Jahre großartige Musik in diesem Lokal gehört.“

Die Show im Jahr 2019, die zu Weekend In London wurde, spiegelt einen weiteren sagenumwobenen Abend, der in die Geschichte des Clubs eingehen wird. Der hartgesottene Jazzer bevorzugt Spontanität, aber dieses Live-Album strahlt durch eine Setlist mit zahllosen Höhepunkten seiner Karriere. Ob er nun mit dem unsterblichen Groove des US#4-Knüllers Give Me The Night aus den 1980er Jahren eröffnet, Fan-Favoriten wie Love X Love und In Your Eyes wieder aufleben lässt oder klassischen Cover wie Dave Bartholomews I Hear You Knocking und Donny Hathaways The Ghetto frischen Wind einhaucht. „Wir planen die Show nicht im Voraus“, erklärt Benson. „Aber wir wissen, dass es Songs gibt, die wir spielen müssen. Wir wissen was die Leute hören wollen. Somit hast du die halbe Schlacht schon gewonnen.“
Für Jazzfans liegt natürlich ein Teil des Reizes in der Improvisation – und Weekend In London zeigt das Benson hier einer der Besten in der Branche ist. „Im Grunde ist die ganze Show improvisiert, bis auf die Melodie selbst und das Grundgerüst jedes Songs“, erklärt er. „Wir spielen die Arrangements, um das Publikum daran zu erinnern, welchen Song es gerade hört, aber dann können wir immer wieder Improvisationen einstreuen.“

Wenn sich Benson auf Ronnie Scotts beengter Bühne wie zu Hause fühlt, dann deshalb, weil er so angefangen hat, vor all den Jahren, bevor er berühmt wurde. Seit seinem siebten Lebensjahr war der als „Little Georgie Benson“ bekannte Junge mit der goldenen Stimme eine feste Größe an den Straßenecken, in Drogerien, Jazzlokalen und R&B-Häusern seiner Heimatstadt Pittsburgh. „Ich spielte in jedem Winkel, der mir zur Verfügung stand“, erinnert er sich. „Was die Qualität betraf, spielte ich in den sogenannten ´B´- und ´C-Häusern“, erinnert er sich. „Aber so fing alles an, und ich konnte mir erlauben zu experimentieren, und meine Grenzen ausloten. Hätte ich damals in einem großen Nachtclub gespielt, wäre ich sicherlich gescheitert.“
Doch der junge George stieg schnell in der Rangliste nach oben auf und seine ersten Aufnahmen für RCA machte er schon als 10jähriger. 1964 erschien dann sein erstes Soloalbum The New Boss Guitar. Im Alter von nur 26 Jahren kam Benson als die Nummer Eins der Jazz Gitarristen nach New York.
Spätestens ab den späten 60er Jahren wurde Bensons in der Jazzszene herum gereicht. Er war sogar einer der wenigen Musiker, die mit dem brillanten Miles Davis mithalten konnte. 1968 spielte er auf dessen Album Miles In The Sky.

Die große Karriere Wende kam 1976 mit dem Album Breezin. „Bis dahin hatte ich auf meinen Album nur Gitarre gespielt“, sagt er. „Keiner wusste, dass ich auch singen kann. Mein Produzent, Tommy LiPuma, gab mir also nur eine Chance, bei dem Song This Masquerade zu singen. Dieser eine Take ist also der einzige Take der existiert. Und er ging auf Platz 1. Ich gewann einen Grammy für das Album des Jahres. Das hat mein ganzes Leben verändert. Es hat das Leben vieler Menschen verändert.“

Alles was Benson in den darauf folgenden Jahren anfasste verwandelte sich in Gold. Nehmen wir nur die Originalaufnahme von The Greatest Love Of All von 1977 (später von Whitney Houston gecovert), oder das im Jahr drauf erschienene Live Album Weekend In L.A. mit dem riesigen Hit On Broadway. Sein Flirt mit dem Mainstream führte 1980 zu dem alles erobernden Song Give Me The Night.

Über mehrere Dekaden hat es George Benson geschafft sich den Respekt des anspruchsvollen Jazzpublikums zu erhalten und dennoch Hit Singles wie Turn Your Love Around oder Nothing‘s Gonna Change My Love For You zu veröffentlichen.
Auch seine Vorliebe zu Kooperationen hat der Musiker nie aufgegeben. So arbeitete er 2005 mit Rod Stewart, ein Jahr später mit Al Jarreau und für sein Album Inspiration holte er sich 2013 Til Brönner, Wynton Marsalis und Judith Hill ins Studio. Die 2018 veröffentlichte Gorillaz Single Humility, auf der Benson zu hören ist, wurde alleine bei Spotify über 75 Millionen mal gestreamt. Während des ganzen Songs schwebt seine Ibanez-GB-Signature Gitarre, die er mitentwickelt und erstmals 1978 für Weekend In L.A. verwendet hat, durch den Raum – und niemand sonst spielt sie so wie dieser Mann.

In einer Zeit, in der die meisten lebenden Legenden zurücktreten und sich in ihrem Tantiemen sonnen würde, gibt es für Benson immer noch diese kreative Neugier, die den altgedienten Jazzmusiker aktiv gehalten und vorangetrieben hat.
2019 veröffentlichte er bei der Mascot Label Group sein letztes Album Walking To New Orleans, wobei er die Hits von Chuck Berry und Fats Domino meisterhaft neu interpretierte.

Für George Benson war es ein langer kurvenreicher Weg von den kleinen Bühnen in seiner Heimatstadt Pittsburgh bis zur Jazzmetropole London. Jetzt auf Weekend in London heißt derselbe Club, in dem der junge Benson Anfang der 70er zu Gast war, die ältere, weisere Legende erneut willkommen. Am besten sagte es der Moderator an jenem Abend: “You don’t get stars this big in rooms this small very often, ladies and gentlemen. Please be prepared to be dazzled – Mr George Benson…!”

Tracklisting:

Give Me The Night
Turn Your Love Around
Love X Love
In Your Eyes
I Hear You Knocking
Nothing’s Gonna Change My Love For You
Feel Like Makin‘ Love
Don’t Let Me Be Lonely Tonight
The Ghetto
Moody’s Mood
Love Ballad
Never Give Up On A Good Thing
Affirmation
Cruise Control

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