Rainhard Fendrich begibt sich in den „Starkregen“
Auf seinem neuen Album „Starkregen“ (VÖ: 20.09.19 | RJF Musik/Sony Music) widmet Rainhard Fendrich sich akribisch dem „zwischenmenschlichen Klimawandel“ unserer Zeit und den damit verbundenen Folgen. 13 Titel fasst das Album – geprägt von Inhalt und Haltung.
Dabei hat Rainhard Fendrich seine humoristische Ader längst nicht an den Zeitgeist verloren. Tatsächlich ist der Albumtitel auch einem übermotivierten spanischen Übersetzungsprogramm geschuldet, das den Namen „Rainhard“ in „Starkregen“ umwandelte…
In der Themenvielfalt auf „Starkregen“ spiegelt sich Fendrichs unnachahmliche Beobachtungsgabe wider. Mit dem ihm eigenen Sarkasmus charakterisiert er die „Volkskrankheiten“ unserer Zeit und ihre stereotypen Erscheinungsformen : Da ist zum Beispiel der Workaholic, der daran erinnert werden muss, dass es „ein Leben vor dem Tod“ gibt, um nicht mit „Burn Out“ auf dem Therapeutenstuhl zu enden. Manchmal reicht es schon, kurz inne zuhalten und anderen Autofahrern im Stau beim Nasebohren zuzusehen, statt sich über das Verkehrschaos zu ärgern („Ich steh’ gern im Stau“). Dann wären da der „Social Media Zombie“, der in der realen Welt nicht mehr zur Kommunikation fähig ist, die allgegenwärtigen populistischen Schreihälse („Heiße Luft“) oder auch der erfolgsverwöhnte Geschäftsmann, dem sein Gewissen abhanden gekommen ist („Der Rest von dein‘ Gewissen“). „Am schlimmsten aber sind die, die sich für gar nichts interessieren“, so Fendrich.
Denn wer nur „Hinter‘m Tellerrand“ lebt und sich über nichts Gedanken macht, trägt auch nichts zur Gesellschaft bei. Was aber wird aus unserer Welt, wenn wir nicht nachhaltig handeln („Die Welt ist groß“), und wenn Machthaber wie „der gelbe Pudel von der Sonnenbank“ oder der „kleine Dicke aus Pjöngjang“ am längeren Hebel sitzen („Sag ma net es gibt kan Teufel“)?
Inmitten der kritischen Zeitdiagnose, besticht „Starkregen“ aber auch durch seine emotionalen Balladen. „Nur die Liebe“ sowie das retrospektive „Mein Leben“ werden ohne Zweifel ein Lichtermeer entfachen, wenn Rainhard Fendrich 2020 auf große Tour geht. Erinnerungen werden wach bei „Rock’n Roll Band“. Und Fendrich teilt intime Gedanken über das Leben im Alter („Abendrot“) und das Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit („Mit der Zeit “). Man merkt, er ist an einem Punkt angelangt, an dem es ihm auch wichtig ist, Bilanz zu ziehen. 65 Jahre wird er im Februar – 40 Jahre steht er bereits auf der Bühne.
Mit „Starkregen“ setzt Fendrich konsequent fort, was er mit dem Vorgänger-Album „SCHWARZODERWEISS“ bereits 2016 (#28 in Deutschland, #1 in Österreich) begonnen hat: die musikalische Reflexion des Zeitgeschehens, tiefgründig und sehr intensiv.