Skid Row melden sich mit neuem Album zurück
Erinnerst du dich an das erste Mal, als du Skid Row gehört hast?
„Youth Gone Wild” lief auf MTV. „18 and Life” war der Sommer-Hit und die Band auf den Covern der Rockmagazine sehr präsent. Dieser berauschende Sound des Jungseins war überall zu hören. Wir erkannten uns selbst in der Band und scharten uns um ihre eingängigen Refrains über Kameradschaft und Rebellion. Rob Hammersmith sah sich selbst genau in dieser Gangmentalität. „Ich habe danach gesucht,” erinnert er sich. „Jeder geht durch die ‚Ich gegen den Rest der Welt‘-Phase, in der du einfach für dich einstehen und dich beweisen musst. Jedes Kind macht diese Phase durch und Skid Row half einem zu realisieren, dass man damit nicht allein ist.”
Snake Sabo wusste, dass er nicht allein war, nachdem er eine Songwriting-Partnerschaft mit Rachel Bolan einging. „Ich sah all das Talent, dass er hatte und immer noch hat und er löste etwas in mir aus. Da dachte ich: ‚Mann, das ist der Anfang von etwas Großem. Genau das ist der Punkt, an dem wir in diesem Moment in unserem Leben sein sollten‘. Das war die Geburtsstunde von Skid Row”.
Dieses Etwas – und der Bandname – repräsentierte den Impuls von wilden Kids, die ihre Liebe zu Punk und Metal in etwas stecken konnten, das weltweit von Gleichgesinnten verstanden wurde. In dem Moment, in dem wir auf Skid Row als Bandnamen kamen, realisierte ich, dass wir etwas ganz Besonderes aufbauen würden, dass all unsere Einflüsse widerspiegelt,” erinnert sich Rachel. Ihre Haltung und ihr Auftreten waren in diesen Songs spürbar. Es war offensichtlich. Ein Demo von Songs, die Rachel und Snake zusammen geschrieben hatten, war das erste, dass Scotti Hill von Skid Row hörte, und er wollte dabei sein. „Es waren drei Songs drauf — u.a. ‚Clock Strikes Midnight‘ — und ich liebte alle drei. Gleich von Anfang an gefiel mir die Richtung, die die Musik einschlug. Ich musste einfach in dieser verdammten Band sein!”
Genau diese Band schuf etwas so Kraftvolles und Zeitloses, dass sie Jahre später auf der anderen Seite der Welt einen jungen schwedischen Sänger mitriss. „Du bist jung, ein bisschen verrückt – Faust in die Luft und fuck yeah – diese Art von Gefühl”, erinnert sich Erik Grönwall. „Skid Row sind ‚the youth gone wild‘, und ich wollte dasselbe. Ich wollte diesen Lebensstil.”
Es ist ein Klischee zu sagen, dass eine Band ihr ganzes Leben braucht, ein erstes Album zu schreiben. Die Wahrheit ist, dass sie den Rest ihres Lebens versucht zu verstehen, wie sie es schaffen konnten. „The Gang’s All Here“ ist der Katalysator einer Haltung, die schon seit der Gründung der Band im Jahr 1986 lodert. Der Produzent Nick Raskulinecz entfachte ein kreatives Feuer, indem er die Band dazu brachte, gute Ideen zu konstruieren und sie zu etwas noch Besserem umzubauen. Etwas Zeitlosem. Er wurde zum Schiedsrichter ihres Vermächtnisses, so dass es der Band gelang, ihren Instinkten zu vertrauen und dieselben ungestümen Kids zu sein, die ihre ersten beiden Alben erschufen.
„Für ‚World On Fire‘ hatte ich dieses sehr coole Riff geschrieben. Nick sagte, spiel den Akkord hier oben, eine Oktave höher als die ursprünglichen Noten. Ich wusste erstmal nicht, wie ich das physisch hinbekommen sollte, das war schwer. Aber es forderte mich heraus. Und als ich es richtig hinbekam, meinte Nick nur: ‚Das ist Skid Row‘. Das war ein schwieriger Moment. Da war dieser Typ, der aus mir Skid Row herauskitzeln musste… obwohl ich ein Gründungsmitglied der Band bin! Wir waren Kinder”, sagt Rachel über das Schreiben von Songs, die „Slave To The Grind“ auf Platz 1 der Billboard-Charts hievten und das selbstbetitelte Album zu einem #6-Multiplatinum-Hit machten. „Wir schrieben damals aus einer ganz anderen Perspektive. Nick hat uns wieder zurückgeholt: welchen Ansatz verfolgten wir bei den ersten beiden Platten? Was haben wir damals gemacht? Am Ende fühlte ich mich genauso wie damals, als wir ‚18 and Life‘ und ‚Youth Gone Wild‘ schrieben“, sagt er. „Da war dieses Gefühl: Wow! Wir erschaffen hier etwas wirklich Cooles!”
Die Albumproduktion fühlte sich wirklich wie damals an, als die Gang in einer Garage in New Jersey akribisch an Songs bastelte. „Es macht so viel Spaß, in einem Raum alles rauslassen zu können”, sagt Scotti. „Es fühlte sich an wie damals, als wären wir wieder in unserer Garage, wie in den alten Tagen. Der einzige Unterschied ist, dass wir jetzt eine Klimaanlage haben und nicht mehr die Abgase von Kerosinöfen einatmen müssen.”
Rob kennt das Gefühl. „Die Art und Weise, wie wir acht bis zehn Stunden am Tag damit verbracht haben, Ideen auszuprobieren und Dinge zu spielen, hat uns wieder in das Gefühl zurückversetzt, ein Kid zu sein, das mit seinen Freunden in der Garage spielt”, sagt er. „Dieses Album ist wirklich eine Gruppenleistung, und ich habe es wirklich genossen, wie eng diese ganze Erfahrung mit den Jungs war.” Diese kreative Nähe führte dazu, dass während der Proben spontan neue Songs geschrieben wurden. Kaum dass jemand neue Riffs vorspielte, entstanden auf der Stelle Songs wie „World On Fire” und „Not Dead Yet”. „Das war wirklich eine Premiere”, sagt Rachel. „Wenn alle von Anfang an ihren Beitrag leisten, kann man wirklich instinktiv arbeiten.”
Dennoch findet Scotti, dass das gemeinsame Schreiben von Rachel und Snake am charakteristischsten für Skid Row ist. „Die besten Sachen sind die, die sie zusammen kreieren, nur die beiden. Lass sie tun, was sie tun. So war es am Anfang, und so funktioniert es jetzt auch super. Diese Kombination aus dem Typen, der diese mächtigen Gitarrenriffs schreibt, und dem Kerl, der von Punk beeinflusst wurde und diese poetische Art der Straßenpoesie hat.”
„Ich wünschte, ich hätte diese Lieder geschrieben”, lacht Erik. „Es gibt hier eine Menge großartiger Songs. Es ist ein schönes Problem, wenn man zu viele potenzielle Singles hat. In diesen Songs steckt ganz viel „old school“ Skid Row, wie zum Beispiel auf ‚Tear It Down‘, was ich als Fan mag.” Dieser Old-School-Stil macht „The Gang’s All Here“ sofort vertraut. Es ist der Sound einer guten Zeit. „Viele der Songs sind lustig”, sagt Rachel. „Es sind Lieder, zu denen man singen und sich bewegen kann, wie es bei unseren ersten beiden Platten der Fall war. Zu diesen Liedern kann man kämpfen. Zu ihnen trinken. Zu ihnen strippen. Alle Bereiche sind abgedeckt.”
Raskulinecz ermutigte Skid Row, sich nicht davor zu scheuen, typischen Akzente zu setzen, die ihre klassischen Songs ausmacht. Die Band soll so klingen, wie sie klingt. Dabei verfolgte er dieselbe Philosophie wie Produzent Michael Wagener vor vielen Jahren. „Nick ist sich der Vergangenheit durchaus bewusst und respektiert sie”, sagt Snake. “Aber es geht mehr um die Essenz und die Seele, warum wir diese Sache überhaupt angefangen haben. Er sagte, alles von 1985, als ich Rachel traf, bis 2022 in Nashville, Tennessee, ist Skid Row, und er war da, um uns daran zu erinnern.”
Ein weiteres Déjà-vu ist Erik Grönwall und sein knurrender Sound, der von einem kantigen Grinsen bis hin zu einem süßen Rauschen reichen kann. „Wir wollten, dass er seine ganze Bandbreite zeigt”, sagt Rachel. „Wir wollten, dass er wirklich auf seine Einflüsse zurückgreift – Skid Row ist zufällig einer davon. Aber vor allem wollten wir, dass er einfach loslässt und das tut, was er am besten kann.”
„Das war genau mein Ansatz”, sagt Erik. „Eine gute Balance zwischen den Old-School-Sachen und der Art, wie ich singe, zu finden. Ich hatte einfach so viel Spaß bei den Aufnahmen zu diesem Album, weil ich diese Art von Musik wirklich gerne singe.” Der erste Song, den er hörte, war dann auch gleich „The Gang’s All Here”, und Erik fühlte sich sofort zurückversetzt. „Das war für mich Skid Row der alten Schule – das Skid Row, in das ich mich verliebt hatte. Ich dachte, wow, sie kehren wirklich zum Old School-Sound zurück, und ich kann hier etwas beitragen. Ich wusste sofort, was ich damit machen wollte, als ich es zum ersten Mal hörte.”
Vom Songwriting bis zur Performance ist sich die gesamte Band einig, dass die zehn Tracks auf „The Gang’s All Here“ zu ihren besten Songs überhaupt gehören. Da ist eine spürbare Verbundenheit mit den Songs, die sonst zu oft in der Technik des Musikmachens verloren geht. „Es gibt ein Stück, das zwischen Snake und mir entstanden ist – ‚October’s Song‘ – bei dem wir am Ende ein Double Lead gespielt haben. Das ist wirklich cool, und es hat wirklich Spaß gemacht. Er stand auf der linken Seite des Raums, ich auf der rechten, und wir haben zusammengespielt. So gehört sich das, und nicht viele Leute machen das heutzutage so.”
Es wird immer Erwartungen geben, wie Skid Row zu klingen haben. Erik erwartet strenge Vergleiche mit anderen Sängern in der Geschichte der Band. Aber dass sich die Leute so sehr darum scheren, ist eine gute Sache, findet er. „Das spricht für die Größe der Band. Wenn die Leute sich so sehr dafür interessieren, bedeutet das, dass die Band relevant ist.” „Viele Leute haben gemeinsam mit uns diese Reise gemacht”, sagt Snake. „Aber auch wenn wir alle älter – und etwas weiser – geworden sind: es gibt unsere Essenz immer noch.”
Man wird nicht enttäuscht. „The Gang’s All Here“ ist eine Wiederbelebung all dessen, was man je an Skid Row geliebt hat. Snake nennt es eine Wiedergeburt. „Es gibt eine neu entdeckte Energie und Leidenschaft – und Aufregung – weil wir gefordert wurden. Wenn wir herausgefordert werden, stellen wir uns der Herausforderung! In uns steckt immer noch so viel, das erzählt werden muss. Die Aufnahme dieses Albums hat mir gezeigt, dass unser Tank noch lange nicht leer ist.”
The Gang’s All Here – du, die Band und die Einstellung, für immer wild und im Herzen jung zu sein. Das Album wird alles wieder aufleben lassen, was du beim ersten Hören dieser Band empfunden hast. Es ist wie das erste Mal, als du Skid Row gehört hast, und zwar immer wieder auf’s Neue.