Neues Moka Efti Orchestra Album „Telegramm“ erschienen
Der samtige Gesang bei „Join The Club“ kommt wieder von der bezaubernden Severija, die bereits das mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete „Zu Asche, zu Staub“ unverwechselbar intonierte. Mit „Join The Club“ halten erstmalig afro-kubanische Rhythmen und Latin Grooves Einzug in das Moka Efti Orchestra. Die Inspiration für den Song geht zurück auf eine Äusserung der Mutter Kurt Cobains nach dessen Freitod: „He´s joined that stupid club”. Was einst als Grunge-Hymne begann, findet nun eine Neuinterpretation durch Chanteuse Severija, begleitet von einem lasziven Big Band Arrangement des Moka Efti Orchestra. Kurt kann sich nicht mehr beschweren. Würde er bestimmt auch nicht.
„Wir haben das Privileg, alles, was uns im Laufe unseres Lebens musikalisch geprägt hat, zu unserem eigenen Destillat zu kochen, und das mit diesen wunderbaren Musikern, diesem fantastischen Klangkörper: Unser ureigenes Wunschkonzert!“
Mario Kamien, einer der Gründer des Moka Efti Orchestras, fasst zur Veröffentlichung des zweiten Albums Telegramm Werdegang und Verortung des MEO treffend zusammen. Denn was als Big Band für Tom Tykwers Babylon Berlin begann, ist längst ein über die Jahre zusammengewachsenes Ensemble geworden, in dem die besten Jazz Cats Deutschlands ihre musikalische Manege bekommen. Aus einer für die Serie zusammengestellten Gruppe von talentierten Musikern wurde ein Orchester mit eigener Identität.
Dass es überhaupt eine Fortsetzung nach dem Debütalbum geben sollte, war allen Beteiligten schnell klar. Zu sehr wandelte man bereits mit dem Erstling auf eigenen Wegen. Die Serie fungierte letztlich vornehmlich als Geburtshelfer. Das Orchester hat rasch das Haus verlassen und sich emanzipiert, wie Nikko Weidemann, das zweite von drei Gründungsmitgliedern, bekräftigt: „Unser initialer Auftrag war, das Gefühl, die Temperatur der späten 20er Jahre zu erfassen. In den sechs Jahren seitdem sind wir bis zu zwei oder drei Jahrzehnte aufgerückt.“
Dennoch bleibt die Musik des MEO cineastisch. „Auch bei dem neuen Album blieb die Idee, Musik für imaginäre Filmszenen zu schaffen, eine Inspiration“ sagt Sebastian Borkowski, Saxophonist, Arrangeur und dritter MEO-Urheber. „Mit jedem Song öffnet sich eine eigene Szene.“
Also nutzten Borkowski, Weidemann und Kamien die Pandemie-Monate, nahmen zu Hause oder im Studio rudimentäre Demos auf – Drum-Loop, Klavier, Mund-Bläser, Gesang –, dann folgte die zweite Phase, die Arrangements für das Orchester und Borkowski arrangierte echte Bläser. Im Anschluss gab es die ein oder andere Probe mit Rhythmusgruppe und zwei einwöchige Aufnahmeblöcke mit großem Besteck. Abschließend kamen die Gesänge an die Reihe.
Telegramm beweist einmal mehr: Die Stärken des Moka Efti Orchestra kann man nicht einfach kopieren, nicht herbeiwünschen. „Jeder von uns ist Jäger und Sammler“, fasst Kamien die MEO-Situation mit einem schönen Bild zusammen. „Manchmal ist es besser, allein auf Wanderschaft zu gehen, irgendwann trifft man sich am Lagerfeuer und bereitet dann das Mahl zusammen vor.“
Oder anders: Man sammelt Töne, Noten, Gesänge, Melodien und schickt das Ergebnis schließlich als Telegramm hinaus in die Welt.