Neues Tim Minchin Album erscheint im November 2020
„In den letzten zwanzig Jahren habe ich immer von einem gewissen Standpunkt aus geschrieben. Es konnte ein Pseudo-Klassik-Song darüber sein, dein Baby ins Bett zu bringen. Oder ein österreichisches Trinklied über die Katholische Kirche. Oder aus der Perspektive eines sechsjährigen Kindes, das eigentlich ein Genie ist. Das ist großartig. Doch dies ist etwas anderes. Das hier dreht sich um das, was den entstehenden Freiraum füllt, wenn man mal für einen Moment Pause macht.“
Es sagt eine ganze Menge über Tim Minchin aus, dass selbst, wenn er nur kurz innehält, um eine kleine Bestandsaufnahme zu machen, scheinbar das genaue Gegenteil eintritt. In diesem Fall besteht das „Gegenteil“ aus seinem brandneuen Studioalbum „Apart Together“, dessen weltweiter Release für den 20. November angesetzt ist. Die Tatsache, dass Minchin erst in diesen Tagen dazu kommt, sein erstes „richtiges“ Album zu veröffentlichen, spricht buchstäblich Bände über die unzähligen Dreh- und Wendepunkte, die seine Karriere seit seinem 14.500-Kilometer-Trip vom australischen Perth ins britische London genommen hat. Eine Reise in der Hoffnung, ein Publikum für einen strubbeligen Musik-Comedian mit geschminkten Augenrändern zu finden. Seitdem er im Jahr 2005 den Perrier-Award in der Kategorie „Best Comedy Newcomer“ mit nach Hause nehmen konnte, ist sein Bekanntheitsgrad in schwindelerregende Höhen gestiegen: Seine Musik und Texte für „Matilda The Musical“ verhalfen der Adaption von Roald Dahls gleichnamigem Roman durch die Royal Shakespeare Company zu einer rekordverdächtigen Anzahl von Tony- und Olivier Awards, einer Reihe von ausverkauften Arena-Touren, seiner gefeierten Verkörperung von Judas in der Tour-Version von „Jesus Christ Superstar“ im Jahr 2012 und einer sich rasant entwickelnden Schauspieler- und Autorenkarriere, die 2019 in Form der gefeierten Sky Atlantic/ Foxtel-Serie „Upright“ dramatische Früchte trug.
Als erklärter Rationalist ist sich Tim Minchin zweifellos Newtons 3. Gesetz bewusst – es besagt, dass auf jede Aktion eine gleichstarke Gegenreaktion folgt. Ergo müssten die schwindelerregenden Erfolge von ein oder zwei Rückschlägen begleitet werden. Vier Jahre nachdem Minchin und seine Familie nach Los Angeles gezogen waren, um an dem Animationsmusical „Larrikins“ zu arbeiten, fiel das zu drei Vierteln fertiggestellte Projekt nach Kosten von 50 Millionen US-Dollar 2018 plötzlich der Übernahme von DreamWorks durch Comcast zum Opfer. Alles Erfahrungen auf seinem Weg – soviel sollte gesagt sein – die sich in den kreativen Treibstoff verwandelt haben, der nun „Apart Together“ speist.
Australier sind gewohnt, ständig über die „Tyrannei der Entfernung“ zu sprechen; und selbst beim Anhören von „Apart Together“ lässt sich auch leicht der Grund dafür erkennen. Mit dem Reisen vervielfachen sich die Gelegenheiten, ganz alleine mit seinen Gedanken zu sein. Gedanken, die sich ganz unvermeidbar zu Beziehungen entwickeln, die einen definieren – und das mit Orten und Menschen gleichermaßen. Ein Prozess, den man wunderbar in Minchins Portrait des Lucky in den acht Folgen von „Upright“ beobachten konnte; nicht wenige davon resultierten direkt aus Erlebnissen und Erfahrungen aus seinen eigenen Beziehungen. Etwas, was sich auch im Erkennungssong der Serie wiederfindet, mit dem „Apart Together“ ausklingt.
Manchmal stößt man beim Schwelgen in unwichtigen Dingen auch auf etwas Universelles, während man seine eigene Wahrheit zu Papier bringt. Während der näheren Beschäftigung mit „Apart Together“ liegt somit der Verdacht nahe, dass alles, was bisher passiert ist – die Höhen ebenso wie auch die Tiefen – einem bestimmten Grund unterliegt. Doch selbstverständlich hat sein Schöpfer nicht das geringste Interesse an dieser Art von übersinnlichem Geschwätz. „Man verwechselt manchmal Ursache und Wirkung mit Schicksal“, grinst Minchin. „Ich bin jetzt 45. Ich bin verheiratet und Vater. Doch viel wichtiger: Ich bin mir all der Dinge bewusst, die ich nicht bin. Mir ist klargeworden, dass es ok ist, die Songs zu schreiben, die ich schreibe – sie erzählen Geschichten und sind bisweilen sehr theatralisch. Und das ist auch gut so.“