Für Alina Lieske ist „Winter im Mai“
Elf Songs – jeder Song in einer deutschen und einer englischen Version. Popband, Streicher und Bläser, Backing Vocals, ein warmer, dichter und zeitloser Sound. Und die Stimme: mit einem 4-Oktaven-Umfang und einer außergewöhnlichen Farbenvielfalt ist sie gleichzeitig Zentrum und roter Faden der CD. Kraftvoll und soulig in „Männer-Tiefen“, jugendlich zart und klar in den Höhen berührt Alina Lieske mit Gefühl und einer entwaffnenden Direktheit. Alle Backing-Vocals singt sie selbst.
Alina Lieske ist eine herausragende Sängerin – vor allem aber beherrscht sie das autofiktionale Storytelling: ihre Geschichten verstecken sich hinter dem vordergründigen Eindruck, dem flüchtigen Moment, der dreizeiligen Zeitungsnotiz, der scheinbar beiläufigen Bemerkung. Z.B. „Betty Blue“ über den Suizid einer jungen Frau, inspiriert von der Begegnung mit Johnny, dessen Leben als „Toyboy“ tragisch endete. Die humoristische Beschreibung der Mordgelüste zweier Ehepartner („Bis dass der Tod…“) oder das peinliche Wiedersehen mit dem verheirateten Liebhaber („Mir geht es gut – danke!“) sowie die schmerzvolle Trennungsballade „Winter im Mai“. Ihre Texte sind schonungslos, scharfsinnig und dennoch auch voller Hoffnung und Humor.
Auch die Entstehungsgeschichte der CD ist eine Story: Bereits in den 90igern ist Alina Lieske auf der Suche nach den richtigen Partnern für die Umsetzung dessen, was sie innerlich hört. Aber erst nach der Jahrtausendwende trifft sie auf Jürgen Frommherz (Oase Studios, Waterpipe Records). Gemeinsam mit Bernhard Hofmann (Jazz- und Rockhochschulen Freiburg) entwickeln sie das Arrangement. Handverlesen sind alle Solisten, die auf dieser CD zu hören sind wie z.B. Wolfgang Köhler am Piano oder der bekannte Cellist Lukas Fels (Arditti Quartett). Alina Lieske räumt bei allen Entscheidungen der Qualität höchste Priorität ein – auch wenn es Zeit kostet. Es werden acht Jahre.
Kurz vor der Fertigstellung der CD wird die Zusammenarbeit mit Frommherz durch seine schwere Erkrankung jäh unterbrochen. Alina Lieske geht einmal mehr auf die Suche und wird 2019 in Südafrika fündig: der renommierte Produzent Peter Pearlson (Zusammenarbeit u.a. mit Sting und Peter Gabriel) ist so angetan von dem Projekt, dass er direkt einsteigt – und ebenso direkt von Corona gestoppt wird. Das kostet die Produktion weitere Jahre, die Alina Lieske dazu nutzt, ein Buch zur CD zu schreiben („11 Songs – 1 Leben“). Darin erzählt sie von den Menschen, Begegnungen und Schicksalen, die sich hinter den Songs verbergen. Sie bietet einen Einblick in die kreative Gedanken- und Gefühlswelt einer Künstlerin, Frau und Mutter und wieviel Kraft, Durchhaltevermögen und Herzblut ein solches Produkt braucht.
2023 schließlich kommt „Winter im Mai“ als Hybrid aus Tracks, die in Deutschland aufgenommen wurden, Einspielungen südafrikanischer und U.S.-amerikanischer Musiker, ins Ziel.