Les Maries bleiben mit ihrem neuen Album drinnen
Sich verlieren, sich finden, das Leben als Wanken und Schwanken, das ein Tanz sein kann, eine Woge, aber auch der freie Fall – und immer kommt der Augenblick, in dem alles zu stimmen scheint: „Grau ist der Himmel und Du bist schön, wir brauchen heute nicht mehr rauszugehen …“ So auch der Titel des neuen Albums von Les Maries auf dem sie melancholisch, humorvoll und poetisch die scheinbar unscheinbaren Momente bespielen, in denen sich das Leben zeigt, wie es ist: verschwommen, bleigrau, verträumt und fragil – ehrlich eben. Und es findet statt an Orten, die jeder kennt: in der U-Bahn, auf Mauern aus Waschbeton, unter Lampions, zeitlos im Warteraum der Liebe und in der Schwerelosigkeit der Träume.
„Wir bemalen ein rohes Ei“ – ob Text oder Ton, diese Zeile entspricht der Seele dieses Albums. Begleitet wird die dunkle Stimme der Deutsch-Französin Marie Laure Timmich wieder einzigartig und unverkennbar durch Gitarre, Banjo, Glockenspiel und Lap-Steel-Gitarre von Klaus Sieg. So findet ihr ganz eigenes Genre, das einen roten Faden zieht zwischen Vieux Port und Waterkant, seinen Widerhall in der trockenen Weite der texanischen Wüste. Und auch die Sängerin zeigt sich an Keyboard, Akkordeon, Klavier und Djembé wieder als Multiinstrumentalistin. Produziert wurde dieses wunderbare, sphärisch dichte Album mit deutschen und französischen Texten von Tobias Levin im Hamburger Electric Avenue Studio. Mit dabei waren wieder David Young (Element of Crime), diesmal nicht als Produzent, sondern als Bassist, Jochen Reich (Percussion, Drums) und Hans-Georg Spiegel (Posaune). Das Ergebnis dieser Arbeit holt die großen und kleinen Bühnen, auf denen Les Maries touren direkt ins Wohnzimmer – da kann man sehr gut auch mal drinnen bleiben.
Für den Album-Release haben Les Maries eine ganz neue Form gewählt: Im Oktober 2020 wird eine virtuelle Galerie online gehen. In ihr zeigen Künstler mit meist deutsch-französischen Bezügen über mehrere Monate immer wieder neue Projekte, die zu dem Album entstanden sind. Das interdisziplinäre und interkulturelle Projekt wird gefördert vom deutschfranzösischen Bürgerfonds.