Alain Claude Sulzer – Unhaltbare Zustände
Der Schaufensterdekorateur Stettler ist ein Mann, der stets auf verlässliche Wert baut. Alles Vertraute ist gut, alles Neue eher eine Last. Solange das Leben so verläuft, wie er es kennt, bewegt er sich sicher innerhalb seiner Grenzen. Doch dann kommt das rückblickend so ominöse wie für die damalige Jugend befreiende 1968 und die alten Grenzen werden eingerissen. Die Jugend bricht aus und mit ihr findet auch auf vielen anderen Ebenen ein Umdenken statt.
Für den Schaufensterdekorateur Stettler im Berner Kaufhaus bedeutet dies, dass er das seit Jahren wichtigste Weihnachtsfenster des Kaufhauses dieses Jahr nicht mehr dekorieren darf, sondern diese Aufgabe an einen jüngeren Mann verliert. Zudem läuft es in Sachen Liebe nicht rund und so scheint das ganze Leben für Stettler im wahrsten Sinne des Wortes aus den Fugen zu geraten.
Die Sicherheit gebenden gesellschaftlichen Stützen brechen weg und die Gesellschaft nimmt keine Rücksicht auf die Mitbürger, die diesem Hau-Ruck-Ereignissen nicht so gewachsen sind wie andere.
Mit einem sehr geschickten und zugleich ungewöhnlichen Beispiel in Form des Schaufensterdekorateurs Stettler greift Alain Claude Sulzer diese Thematik geschickt auf und beleuchtet sie metaphorisch aus unterschiedlichen Perspektiven. Und das mit einem Beispiel aus der Vergangenheit, in der sich – gemessen an den aktuellen Zuständen – der Wandel noch recht human vollzogen hat. Wenngleich das die damals betroffenen Menschen sicherlich auch deutlich anders gesehen haben dürften.
Mit gelungenen Szenenbildern und Beschreibungen der Gemütszustände führt der Autor den Leser in die oftmals recht eng gefasste Welt seiner Hauptfigur ein, regt zum Nachdenken, zum Mitleidhaben, zu Verständnis und auch Unverständnis an.
Und so ist dieser Roman eine gute literarische Grundlage, die mit einem in der Vergangenheit spielenden Beispielcharakter leider sehr eindrucksvoll aufzeigt, dass heutzutage noch schlimmere „Unhaltbare Zustände“ herrschen. Und das sollte ein jeder Leser wirklich einmal hinterfragen! Ein starker Roman mit einer bedeutsamen Tiefgründigkeit.